30.09.2022
Gemeinden schaffen Zukunft
Wege entstehen beim Gehen – und tatsächlich ist viel im Gange. Wir stehen zweifelsohne vor der größten Transformationsleistung der Menschheitsgeschichte, oder besser gesagt, wir stecken mitten drin.
Die Notwendigkeit der Energiewende und tiefgreifender Klimaschutzmaßnahmen stehen mittlerweile außer Frage und die Bemühungen in diese Richtung sind vielerorts sichtbar und spürbar, der Wind steht in den Segeln und wir gewinnen an Fahrt. Wohin fahren wir? In ein besseres, nachhaltigeres und gerechteres Leben - nur das kann unser Ziel sein! Der Ruf nach mehr Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist durch den Krieg in der Ukraine und den neuen geopolitischen Rahmenbedingungen auf tragische Weise lauter geworden. Die Beratungsanfragen sind in Folge in die Höhe geschnellt, die Telefonleitungen glühen. Raus aus Fossil und der Gedanke der Unabhängigkeit scheinen das Credo der Stunde zu sein. Tatsächlich wird uns dieses Credo nicht nur volkswirtschaftlich und aus Sicht des Klimaschutzes durch das Voranschreiten der Energieautonomie Positives bescheren, sondern auch Freiräume für kulturelle und soziale Investitionen schaffen. Sinken die Importe fossiler Energieträger, steigt der Grad an Autonomie. Dies wird sich langfristig auch in den Budgets bemerkbar machen. Das sollten wir in der Diskussion nie vergessen. Eine vorausschauende und ambitionierte Energie- und Klimapolitik schafft immer auch neue Möglichkeiten.
Positive Verstärkung
Wir wissen, dass dort wo viel geht, noch mehr geht: positive Veränderungen führen zu noch mehr Veränderungen, sie verstärken und potenzieren sich quasi selbst. Nur ein kleines Beispiel: Dort wo bereits viele Photovoltaikanlagen errichtet wurden, werden noch mehr gebaut. Wir können also darauf vertrauen, dass jede positive Veränderung weitere positive Effekte nach sich zieht. Diese Ansicht sollte uns zuversichtlich stimmen, für alles was noch vor uns liegt. Denn die Taten von heute, bestimmen ganz wesentlich das Tempo, das wir dringend brauchen, um die Ziele TIROL 2050 energieautonom und die der Klimaneutralität bis 2040 tatsächlich auch zu erreichen.
Eine vorausschauende und ambitionierte Energie- und Klimapolitik schafft immer auch neue Möglichkeiten.
Gemeinden als Zukunftsorte
Gemeinden spielen bei der Erreichung dieser Ziele eine Schlüsselrolle. Viele Menschen wohnen nicht einfach nur in einer Gemeinde, sondern wollen diese auch aktiv mitgestalten. Die Entwicklung einer Gemeinde wird so zur gemeinsamen Gestaltungsaufgabe und zur geteilten Verantwortung. In diesem Verständnis liegt sicherlich ein zentraler Hebel, wenn es darum geht, die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Die Energiewende erfordert ein dezentrales Mitmachen und Übernehmen von Verantwortung und vor allem ein Denken in Alternativen. Und diese gibt es zur Genüge. Sie werden langsam aber sicher von der Alternative zur Routine und entwickeln sich letztlich zum Mainstream. Eines Tages werden wir es als völlig normal empfinden und das Jahresabo bei unserem E-Carsharinganbieter verlängern oder mit dem Klimaticket zur Arbeit fahren. Wir werden uns an die alte Ölheizung als Relikt aus fossilen Zeiten erinnern und mit Unverständnis darauf blicken, warum wir nicht schon früher die Energie genutzt haben, die auf alle unsere Dächer scheint.
Aus psychologischer Perspektive betrachtet, bewegen wir uns dann gern, wenn wir das Gefühl haben, dass auch andere sich bewegen. Der Mensch ist und bleibt ein Herdentier. Für die Gemeindepolitik heißt das in Folge, alles nur Mögliche im eigenen Handlungsspielraum zu tun, was nötig ist, um andere anzustiften. Man kann von anderen nur das verlangen, was man selbst auch tut. Eine authentische Energie- und Klimapolitik schafft somit immer auch Motivation in der eigenen Bevölkerung und bringt schlussendlich auch die Freude mit sich, etwas bewegt zu haben.
Was also tun?
Zeigen wie’s geht! Fossil raus – Zukunft rein. Der Großteil der Gemeinden setzt beim Heizungstausch auf erneuerbare Energien. Wärmepumpen erleben gerade im Neubau ihren Siegeszug. Sanierungen werden so ausgeführt, dass der Energieverbrauch um 50 % gesenkt wird und hohe ökologische Standards erreicht werden.
PV-Umsetzungsziele forcieren den Ausbau der Photovoltaik in der Gemeinde. Immer mehr entscheiden sich dazu, die Kraft der Sonne auf ihrem Gemeindedach zu nutzen.
Die Elektrifizierung des Gemeindefuhrparks schreitet voran - viele Gemeinden zeigen es bereits vor. Gemeindeförderungen ergänzen bereits bestehende Förderungen und legen nochmal eins drauf. In Gemeindezeitungen wird laufend über Förderungen und Umweltthemen informiert. E-Bikes bringen die Gemeindebediensteten von A nach B. E-Carsharing-Angebote ergänzen den öffentlichen Verkehr und werden gut genutzt. Fahrradstraßen und Begegnungszonen stärken die sanfte Mobilität. Beschaffungsrichtlinien regeln den Einkauf von Produkten an Hand von Nachhaltigkeitskriterien. Bei Angebotseinholungen wird bereits im Vorfeld Bedacht auf ökologische Qualität und Nachhaltigkeit gelegt.
Energieleitbilder legen fest, was es in den nächsten Jahren zu tun gilt. Trinkwasserkraftwerke nutzen die Energie aus den Höhenunterschieden im Wasserversorgungsnetz und schaffen so einen attraktiven Doppelnutzen.Gemeinden und Private schließen sich zu Energiegemeinschaften zusammen und teilen ihre selbst produzierte Energie. Die Beschäftigung mit Klimathemen ist fixer Bestandteil in den Schulen.
Die Elektrifizierung des Gemeindefuhrparks schreitet voran – viele Gemeinden zeigen es bereits vor.
BürgerInnen beteiligen sich an Umweltaktionen der Gemeinde. Vereine bringen sich aktiv im Klimaschutz ein. Wirtschaftsförderungsrichtlinien werden so ausgerichtet, dass Nachhaltigkeitseffekte entstehen. Grünräume werden pestizidfrei bewirtschaftet. Die Bevölkerung wird aktiv eingebunden und kann politisch auch abseits der Wahlen mitreden. Gemeindeversammlungen werden genutzt, auch um über Erfolge zu sprechen. Dorfkerne werden zu pulsierenden Lebensräumen weiterentwickelt, Siedlungsgrenzen erhalten. Die Lebensqualität steigt, die Emissionen sinken. Die Liste ist lang und wird immer länger. Das ist nicht nur die Zukunft, sondern vielfach auch schon Realität!
Erneuerbare Energiegemeinschaften umsetzen
Für Gemeinden und Regionen in Tirol, die bereits sehr rasch in die Umsetzung von Erneuerbaren Energiegemeinschaften gehen wollen, werden im Rahmen des Projekts Klima, Energie und Kreislaufwirtschaft (KEK) der EU vertiefend begleitet. Zahlreiche Gemeinden haben bereits interessante Projektskizzen eingereicht, welche nun geprüft werden. Anschließend werden konkrete Konzepte zur Umsetzung von Erneuerbaren Energiegemeinschaften erarbeitet.
Für allgemeine Fragen zu EEGs stehen die ExpertInnen von Energie Tirol gerne zur Verfügung
Ein guter Plan – Energiewende und Klimaschutz vor Ort
Im Februar diesen Jahres fanden in Tirol die Gemeinderats- und BürgermeisterInnenwahlen statt. Diese brachten eine Vielzahl an ambitionierten AkteurInnen hervor, die ihre Gemeinden in den nächsten 6 Jahren nachhaltig gestalten wollen.
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe haben wir in Roppen, Innsbruck, Reutte, Kundl und Nußdorf-Debant gemeinsam mit Ihnen an der Gestaltung der Energiezukunft in den Gemeinden gearbeitet. Über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 130 Gemeinden folgten der Einladung und wissen nun, wie sie in ihren Gemeinden mit strategischem Vorgehen und gezielten Energie- und Klimaschutzmaßnahmen das Ziel TIROL 2050 energieautonom erreichen können.
Zentrales Infoportal für Gemeinden und Regionen
Auf der Gemeindewebsite für Tirols Energiegemeinden und Energieregionen finden sich aktuelle Informationen zu
Förder- und Beratungsangeboten ebenso wie eine stetig wachsende Auswahl an Erfolgsgeschichten, die zum Nachahmen anregen!
www.energie-gemeinde.at
„Mehr denn je muss es unser Ziel sein, unsere Unabhängigkeit zu stärken und unseren Energiebedarf aus heimischen, erneuerbaren Ressourcen zu decken. Die Gemeinden unterstützen die Energiewende in ihrem Wirkungsbereich aktiv und sind darüber hinaus direkt an den Bürgerinnen und Bürgern. Gemeinsam wollen wir diesen Prozess noch ausweiten und beschleunigen“
LHStv Josef Geisler