Wie viele Wohnungen errichtet die WE im Jahr und wie schaut ein klassisches Baufeld aus Sicht der Energieversorgung aus?
WE: Wir übergeben durchschnittlich 300 Wohnungen bzw. Reihenhäuser im Jahr. Im überwiegenden Teil der Fälle bauen wir unter Inanspruchnahme von Wohnbaufördermitteln des Landes Tirol. Eine hohe Energieeffizienz durch perfekte Dämmung und der überwiegende Einsatz erneuerbarer Energieträger für die Beheizung sind somit garantiert. Unsere Bauprojekte sind sehr unterschiedlich gestaltet. Oft mehrere Baukörper, teilweise Mischungen zwischen Wohnungen und Reihenhäusern. Also sehr individuell. In den letzten Jahren ist es Standard in der Baubranche, dass zentrale Heizanlagen alle Wohneinheiten gemeinsam versorgen. Das Warmwasser wird dezentral in der Einheit direkt mit Frischwasserstation produziert, wobei die dafür notwendige Wärme ebenfalls von der zentralen Heizanlage geschickt wird.
Was wird im Messprojekt Kolsass-Vogeltennen genau untersucht?
WE: Mit dem Einbau von Fußbodenheizung in gut gedämmten Gebäuden sind die Zeiten vorbei, in denen man sich am Heizkörper die Hände verbrennen konnte. Der eigentliche Heizungsvorlauf in den Wohnungen ist de facto lauwarm. Was ja eigentlich gut ist. Weniger Temperatur verursacht wenig Heizkosten. Aber es wird mit derselben Heizanlage auch Energie für das Warmwasser in den Wohneinheiten produziert. Dafür ist es notwendig, dass das Heizwasser regelmäßig und ständig auf höhere Temperaturen erwärmt wird. Höhere Temperaturen verursachen aber höhere Heizkosten. Es stellt sich die Frage, welche Auswirkungen dies hat und ob eine Erwärmung auf über 60 °C überhaupt noch nötig ist. Mit jedem Grad Celsius mehr im Heizwasser steigen nämlich auch die Verluste. Selbst wenn Heizleitungen hervorragend gedämmt sind, gehen ExpertInnen von einem nicht vernachlässigbaren Wärmeverlust aus, weil Energie 24 Stunden am Tag „auf die Reise geschickt wird“. Leider gibt es keine konkreten Zahlen über diese Wärmeverluste. Die Ansichten dazu sind vielfältig. Einige sehen kein großes Problem, andere schätzen die Situation differenzierter ein. Wir als WE geben uns damit aber nicht zufrieden und wollen diese Frage geklärt wissen. Genau zu diesen Fragestellungen liefert das Messprojekt nun valide Zahlen.
ET: Die grundsätzlichen physikalischen Rahmenbedingungen sind theoretisch klar – praktisch ist jedes Bauvorhaben anders. Für uns ist es deshalb wichtig, am lebenden Objekt zu beobachten und zu messen. Vogeltennen wird überwiegend mit Energie aus Biomasse beheizt. Wir verfolgen den Energiefluss von Anfang bis Ende, vom Pellets-Lagerraum, über die Effizienz der Feuerungsanlage, die Leitungsverluste bis hin zu dem, was wirklich in den Wohneinheiten ankommt. Die beste Kilowattstunde ist nach wie vor jene, die nicht verbraucht wird.
Klingt bis hierhin eigentlich selbstverständlich. Aber was macht das Projekt Vogeltennen jetzt so besonders?
ET: Das Thema Energiebuchhaltung begleitet uns nun schon seit 25 Jahren. Dennoch ist es nach wie vor extrem schwierig, alle benötigten Werte zu erfassen. Das Besondere am Projekt Vogeltennen ist, dass alle Projektbeteiligten zu jeder Zeit nach maximaler Zusammenarbeit gestrebt haben. Egal ob es darum ging, noch schnell einen wichtigen Zähler einzubauen, oder gemeinsam nach Lösungen bei der quartalsweisen Datenerfassung im Rahmen der DSGVO zu suchen. Dieses gemeinsame Vorgehen von Bauträger, Hausverwaltung, Energiedienstleister und Datenanalysten ist eigentlich Grundvoraussetzung für jedes erfolgreiche Messprojekt, wird aber leider selten gelebt.