Sichere Radverbindungen, eine vorausschauende Raum- und Siedlungsentwicklung oder gut ausgestattete Haltestellen – Gemeinden spielen eine wichtige Rolle in der Förderung und Mitgestaltung der Mobilitätswende. Doch wie und wo damit anfangen? Im Rahmen des Landesprogramms „Tiroler Mobilitätssterne“ können Gemeinden einen Mobilitätscheck durchführen lassen und sich so anhand einer standardisierten Erhebung einen Überblick über ihr Mobilitätsprofil verschaffen. Daraus lassen sich die spezifischen Stärken, aber auch Potenziale für die Gemeinde ableiten. Auf der einen Seite können so Impulse in die mobilitätspolitische Arbeit mitaufgenommen werden, auf der anderen Seite werden – angelehnt an die Sterne-Auszeichnung in der Gastronomie – Gemeinden für ihr Engagement gewürdigt.
Dass dieses Engagement wichtig ist, weiß auch Landesrat René Zumtobel: „Der Verkehr ist eine der größten Herausforderungen, was den Klimaschutz betrifft. Die Möglichkeiten der Gemeinden, hier aktiv zu werden, sind vielfältig: von der Umstellung des eigenen Fuhrparks auf E-Mobilität bis hin zur Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs. Denn wenn die richtigen Rahmenbedingungen in der Gemeinde geschaffen werden, entscheidet sich die Bevölkerung auch dafür, Alltagswege umweltfreundlich zurückzulegen. Dies vermindert nicht nur den CO2 – Ausstoß, sondern schafft auch Lebensqualität und Begegnungen im Ort.“
E-Mobilität als Schlüsseltechnologie bei Antriebswende
Spürbar aufwärts geht es beim Thema E-Mobilität.
„Batterieelektrische Antriebe gewinnen in Gemeindefuhrparks mehr und mehr an Bedeutung. Gut so, denn im motorisierten Individualverkehr kennen wir heute keine klimafreundlichere und effizientere Technologie, um von A nach B zu kommen“, so DI Bruno Oberhuber, Geschäftsführer der Energieagentur Tirol.
„Das E-Mobilität nicht nur in puncto Fuhrpark für Gemeinden von Relevanz ist, zeigt unser gerade veröffentlichter Leitfaden „E-Mobilität in Gemeinden“. Insbesondere das Angebot von E-Carsharing ist im Aufwind. Mittlerweile gibt es in 51 Tiroler Gemeinden einen Carsharing-Standort – vor zwei Jahren waren es noch 36“, führ er weiter aus.
Umweltverbund im Fokus
Neben der Elektromobilität stellt die Verlagerung von Wegen auf den Umweltverbund (öffentlicher Verkehr, Radfahren, Zufußgehen) den zentralen Hebel auf dem Weg zu einem klimatauglichen Mobilitätssystem dar. Gemeinden können dies fördern, indem sie diese Verkehrsarten bei ihren verkehrspolitischen Überlegungen ins Zentrum stellen. Durchgängige Radrouten mit entsprechender Infrastruktur, direkte Fußwegverbindungen ohne Umwege oder verkehrsberuhigte Ortszentren mit Funktionen des täglichen Bedarfs sind hier der Schlüssel zum Erfolg und werden auch im Rahmen der Mobilitätssterne entsprechend honoriert. Das hier noch Potenzial vorhanden ist, geht aus der vom Land Tirol durchgeführten Mobilitätserhebung 2022 hervor. Knapp die Hälfte der ausgewerteten Wege in der Erhebung sind kürzer als drei Kilometer. Diese Wege wären vielfach für den Umstieg vom Auto auf aktive Mobilität wie Gehen oder Radfahren geeignet. Immerhin 48 Prozent der Wege werden laut Studienergebnis bereits im Umweltverbund zurückgelegt – eine erfreuliche Steigerung um 5 Prozentpunkte seit der letzten Erhebung.
9 Gemeinden mit vier Mobilitätssternen ausgezeichnet
Auf der Suche nach den Highlights nachhaltiger Mobilitätsprojekte stechen besonders die bereits mit vier Mobilitätssternen ausgezeichneten Gemeinden hervor. So hat die Stadtgemeinde Kufstein insbesondere durch den strukturierten Ausbau von Fußgänger- und Begegnungszonen bereits über die Bundeslandgrenze hinaus einen Ruf als Vorzeigebeispiel, was Verkehrsberuhigung und Förderung des Fußverkehrs angeht. Eine Fußgängerzone findet sich – neben Tirols einziger U-Bahn - auch in Serfaus, wo man mit der Ausarbeitung eines Masterplans für die Gemeindeentwicklung auch mobilitätsplanerisch die Fahrtrichtung für die nächsten Jahre festgelegt hat. Strategische Überlegungen fanden auch in St. Johann in Tirol statt, hier finden sich die Zielsetzung aus dem Bereich Mobilität im Strategiehandbuch wieder. Zudem finden in der Marktgemeinde intelligente Kameras ihre Anwendung. Mithilfe von IT-gestützten Analysen wird so die Grundlage für verkehrspolitische Maßnahmen erstellt. Dass umweltfreundliche Mobilität im Zentrum der Verkehrspolitik steht, dafür ist in der Gemeinde Virgen gesorgt. Hier wird schon seit Jahren konsequent an der Umsetzung von Projekten gearbeitet – ein seit 15 Jahren erfolgreich operierendes Dorftaxi sowie neu errichtete Ladestationen sind Ausdruck davon. Ebenfalls eine Erfolgsgeschichte ist das „Assling Mobil“, welches für eine mobile Bevölkerung in der Gemeinde Assling sorgt. In der Landeshauptstadt Innsbruck sticht hingegen das sehr gut genutzte Bikesharing System hervor. Zudem wurde der Winterdienst auf den Hauptradrouten intensiviert, was ein Mitgrund für die auch über den Winter überraschend hohen Auslastungszahlen der IVB-Stadträder sein könnte. Neue Radfahranlagen wurden in den letzten zwei Jahren in Kirchbichl errichtet. Besonders eindrücklich ist auch das Engagement der Gemeinde bei der Organisation des gemeinschaftlich mit Nachbargemeinden durchgeführten „Familienradwandertags“. Die Stadtgemeinde Schwaz widmete sich mit der Aktion „e5-Jugend fährt E-Moped“ den motorisierten Zweirädern und schuf mit einer Bewerbungsaktion und Förderung Anreize auf den Umstieg auf elektrische Mopeds. Ganz im Westen Tirols befindet sich mit St. Anton am Arlberg ein Neuzugang in der Riege der 4-Stern Gemeinden. Das Zentrum der touristisch geprägten Gemeinde ist mit Fußgänger- und Begegnungszonen bereits umfassend verkehrsberuhigt, nun startete mit den ersten Beteiligungsworkshops für ein neues Gesamtverkehrskonzept der Weg zu weiteren Verkehrsberuhigungsmaßnahmen.
Somit konnte wieder eine hohe Zahl an 4-Stern-Gemeinden ausgezeichnet werden - die höchste Bewertungsstufe mit fünf Sternen bleibt hingegen auch heuer noch unerreicht.
Erfolgreiche Sterne-Gemeinden
Bezirk Landeck (7 Gemeinden)
- 4 Sterne: Serfaus, St. Anton am Arlberg
- 3 Sterne: Landeck, Fiss, Ischgl
- 2 Sterne: Ried im Oberinntal, Kappl
Bezirk Imst (10 Gemeinden)
- 3 Sterne: Imst, Stams, Oetz, Mieming, Silz
- 2 Sterne: Arzl im Pitztal, Haiming, Mötz, Obsteig
- 1 Stern: Rietz
Bezirke Innsbruck – Land & Innsbruck – Stadt (20 Gemeinden)
- 4 Sterne: Innsbruck
- 3 Sterne: Kematen in Tirol, Zirl, Telfes im Stubai, Hall in Tirol, Schönberg im Stubaital, Neustift im Stubaital, Wattens, Inzing, Axams, Fulpmes, Mutters
- 2 Sterne: Thaur, Hatting, Gnadenwald, Wildermieming, Völs, Natters, Absam, Mieders
Bezirk Schwaz (1 Gemeinde)
Bezirk Kufstein (13 Gemeinden)
- 4 Sterne: Kufstein, Kirchbichl
- 3 Sterne: Breitenbach am Inn, Kramsach, Ebbs, Söll, Brixlegg, Reith im Alpbachtal, Ellmau Kundl
- 2 Sterne: Alpbach, Niederndorf, Münster
Bezirk Kitzbühel (7 Gemeinden)
4 Sterne: St. Johann in Tirol,
2 Sterne: Kössen, Itter, Westendorf, Fieberbrunn, Hopfgarten im Brixental, Kirchdorf in Tirol
Bezirk Lienz (10 Gemeinden)
- 4 Sterne: Virgen, Assling
- 3 Sterne: Lienz, St. Jakob in Defereggen, St. Veit in Defereggen
- 2 Sterne: Sillian, Nußdorf-Debant
- 1 Stern: Außervillgraten, Schlaiten, Strassen
Die Tiroler Mobilitätssterne werden seit 2009 alle zwei Jahre von einer unabhängigen Jury vergeben. Die Jury entscheidet auf Grundlage eines ausführlichen Kriterienkatalogs und kann Gemeinden mit bis zu fünf Mobilitätssternen würdigen. Die Auszeichnung ist eine Initiative im Rahmen des Mobilitätsprogramms „Tirol mobil“, in dem sich das Land in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, Schulen und Betrieben den Ausbau umweltfreundlicher Verkehrsangebote zum Ziel gesetzt hat. Die Organisation des Auszeichnungsverfahrens und die Betreuung der Gemeinden liegt bei der Energieagentur Tirol. Das Klimabündnis Tirol unterstützt zudem die Durchführung der Vor-Ort-Besuche in den Gemeinden.